Blog6-Wirtschaft_am_Scheideweg

Denk-Anstöße

Wirtschaft am Scheideweg


E. Heinz-Joachim Hill,  31. Mai 2021

Was ist, wenn morgen unser Geld plötzlich wertlos, unser Erspartes weg ist und wir uns hungrig zur Ruhe begeben müssen? Welche Mittel haben wir zum Glück und die Wahl der Macht?


Sind wir immer noch zufrieden mit unserem Erbe nach 1945 und dem, was erreicht wurde? Den Corona-Wesen wird Schwarmintelligenz nachgesagt. Das sollte uns Ansporn sein, uns schnellst- und bestmöglich gegen Pandemie und Mutationen zu schützen und sie erfolgreich zu besiegen.


Können wir zufrieden sein mit unserem wirtschaftlichen Erbe nach 1945? Ich sage es offen: Ich bin es nicht. Überhaupt nicht. Meiner Meinung nach ist unser Land wirtschaftlich in einer gefährlichen Sackgasse gelandet. Ich mache mir Sorgen darum, dass wir uns aus unserem eigenen Geschaffenen nicht mehr ernähren können. Wie ich darauf komme? Ich habe errechnet, dass die in Deutschland erwirtschafteten Nahrungsmittel nicht einmal einen Monat reichen würden, um uns zu ernähren. Ein Hirngespinst? Nein.


Die Erträge unserer Land- und Forstwirtschaft zusammen mit der Fischerei betragen knapp 25 Mrd. Euro (2019). Dies ist weniger als 1 Prozent unseres BIP (3.449,1 Mrd. Euro). Oder um es bildlicher zu sagen: Die dahinsiechenden etwa 267.000 meist noch inhabergeführten landwirtschaftliche Betrieben einschließlich der Tiere und Mitarbeiter*innen sind nicht mehr in der Lage, uns zeitlich, flächendeckend und ausreichend zu versorgen. Unser Nettoinlandsprodukt (2019) betrug 2,809 Billionen Euro, unser Volks¬einkommen 2,564 und die Konsumausgaben 2,511 Billionen Euro. Zukünftige Verbindlichkeiten (Renten, laufende Verträge, Anwartschaften usw.) sind nicht enthalten.


Zufriedenheit, Corona und die Schwarmintelligenz


Das Dumme ist, dass bei uns Schwärme oder Teamgeist nicht üblich sind und in der Erschaffung materieller Güter wie z.B. Impfstoffe, Digitaltechnik u.a. bei uns ebenfalls Mangelwirtschaft besteht. Nicht alles ist für Geld zeitgerecht und für uns alle verfügbar. Was können wir zukünftig auf den Märkten Tun oder zum „Tausch“ anbieten, um aus-reichend Nahrung zu erhalten? Wie ein Junkie hängen wir nicht nur gesundheitlich an der globalen „Nadel“. Wir sind zu etwa 50 Prozent unseres Nettoinlandsproduktes von anderen abhängig. Auf unsere Landwirtschaft gesehen, sind es sogar 99 (in Worten: neunundneunzig) Prozent. Unsere besonderen Fähigkeiten in Demokratie, Regulierung und Gesetze-Erlassen, in der Erstellung von Statistiken, Inzidenz- und anderen Messwerten kompensieren den drohen¬den Nahrungsausfall nicht. Die Landwirtschaft ist nur ein Beispiel des wirtschaftlichen Zustands.


Die Entfremdung zwischen Gesellschaft und dem Wirtschaften


Das größte Problem 2021 ist die Entfremdung zwischen Gesellschaft und dem Wirtschaften. Die fehlende Vorstellung über die Auswirkungen und das Unwissen über die Möglichkeiten eines selbstbestimmenden und zielgerichteten Handelns sind ein wie-teres Problem. Unter Corona wurde uns das eigenbestimmte Wirtschaften teilweise verboten, der Geldhahn zugedreht, keine Alternativen gegeben. Hätte das in Zeiten vor der „Geldwirtschaft“, als die Wirtschaft primär noch auf der Herstellung von Nahrung basierte, nicht zwangsläufig zu übergreifenden Bauernaufständen geführt? Über die Pandemie wurde affektheuristisch, also allein auf Meinung und Gefühl beruhend, und geradezu mit einer déformation professionelle in die Wirtschaft eingegriffen. Unser wirtschaftliches Erbe ist hierbei stark regulierend und verpflichtend eingeengt. Zudem wird Wirtschaft mit Umsatz, Kosten und Konsum vermischt.


Wundert mich das? Nein. Der Wirrwarr, den die Corona-Pandemie offengelegt hat, ist erschreckend, aber nicht neu. Insbesondere in diejenigen, die sich selbst und anderen wirtschaftlich verpflichtet sind, kriechen die Existenz-Ängste hoch. Doch es gibt auch die Nutznießer und Trittbrettfahrer der Ängste, die zum eigen Vorteil unbarmherzig die Gunst der Stunde nutzen. Unsere Gesellschaft ignoriert, leidet, ist erbost – und spaltet sich. Das ist – wie immer schon– der Nährboden für Bauernfängerei und Wun-derheilertum und neue Gött*innen.


1990 und Mefo-Wechsel


Beim Fall der DDR 1989 waren die Gründe der Volksunzufriedenheit weniger die mentale Freiheit als vielmehr die wirtschaftliche Praxis und das finanzielle Desaster. Heute sind wir finanziell durch die EU-Währung international stark abhängig. Das ist unser augenblickliches Desaster.


Mit Verlaub und allem Respekt: Weder unsere (föderale und hohe) Politik noch die Bürokratien und regulierenden Einrichtungen sind in wirtschaftlichen- und gesell-schaftlichen Fragen eine Hilfe.


Jetzt, auch bei Verpflichtungen bei Corona, fordern verschiedentlich Politiker (wie 1989) die Exekutiven auf, wesentlich schärfer gegen das murrende Volk vorzugehen. Ebenso das finanzielle Abschöpfen leerer Geldbeutel, auch mit physischer und psychi-scher Gewalt. In der DDR siegte letztendlich die Vernunft, möglicherweise auch aufgrund von Garantien (z. B. Pensionsübernahmen) durch den Westen, die zum friedli-chen Übergang beigetrugen. Es ist dringend zu empfehlen, die Dramaturgie in Verbindung mit unserer Wirtschaft zu erkennen. Denn diese Systematiken, Organisatio¬nen und Strukturen lassen „Größeres“ bei uns erahnen. Etliche andere Nationen haben ihre Systeme revolutioniert.


Wir müssen im Moment darauf hoffen, dass wenigstens andere Nationen uns nicht wieder mit Luftbrücken und Care-Paketen bedenken müssen. Mefo-Wechsel und -Anleihen sind – glücklicherweise – bei uns nicht mehr möglich. Unsere Wirtschaft ist weitgehend in den demokratischen Prozessen außen vor. Und es gilt, dringend und existentiell zu erkennen, dass Wirtschaft noch vor Gesundheit und Wissen unser aller wichtigster Rohstoff ist und ohne sie Gleichheit und soziale Gerechtigkeit Dampfplau-dereien sind.


Das Ausbluten der Wirtschaft verhindern


Die Situation ist prekär. Das weitere Ausbluten des Wirtschaftens durch fachfremde Bürokratie und Regulierungstechniken muss unterbunden werden. In einer Zeit, in der gerade alles hakt, tragen Bußgeldandrohungen über zigtausende Euro nicht gerade zu einer positiven Haltung in der Gesellschaft bei. Mit unseren Finanzen sind wir bereits nicht mehr systemisch, mit unserem Nettoinlandsprodukt und Staatsschulden vergleichen wir uns mit noch schlechteren Volkswirtschaften.


Manche Politiker*innen sprechen mit klassenfeindlichen Vorurteilen und mindestens irreführend über „Reiche“ und „Reichtum“. In demokratischen Gremien und in den Parlamenten finden sich wenige bis keine Unternehmer*innen. Technologisch, innovativ, strukturell und ideologisch sind wir abgeschlagen. Uns fällt nicht auf, dass uns nichts mehr einfällt, das uns weiterbringen könnte. Wir blockieren unsere Kreativität, die wir Wichtigerem widmen müssten.


Bei uns werden soziale und weniger soziale Einrichtungen für ihre Zwecke mit großen Mengen Steuergeld ausgestattet. Im Gegensatz zur privaten Wirtschaft unterliegen sie unzureichenden Kontrollen. Wir benötigen einen revolutionären wirtschaftlichen, vor allem aber einen mentalen Umbau hin zum Entstehen von „echten“ Werten und Profitabilität.


Wir müssen aus einer Verbrauchswirtschaft und Verteilungsnation wieder zu einer Erschaffens- und Wirtschaftsnation werden. Eine wettbewerbsmäßige Gleichstellung aller am (nationalen/globalen) Markt agierenden Gruppen in einer gemeinsamen systemisch-wirtschaftlichen und rechtlichen Gleichstellung ist vorzunehmen.


Und ganz wichtig: Wir brauchen mehr Transparenz zwischen Geld, Werten und Leistungsströmen. Multinationale Konzerne machen es vor, wie man dies weltumspannendend leisten kann. Für Politik und Verwaltungen gibt es das bei uns nicht ansatzweise.


Was geben wir unseren 12,3 Mio. Kindern und Jugendlichen als Werte für deren Erbe mit? Statt Versorgungsmentalität und Staatsschulden für viele Generationen sollten es der Glaube an und die Initiative für zukunftsfähiges Wirtschaften sein, das weder die Arbeitskraft und den Erfindungsreichtum der Menschen noch unsere natürlichen Ressourcen ausbeutet.



Das CDRP – das Corona Disaster Recovery Program


Nicht alleine wir, sondern etwa weitere 98 Prozent der Weltbevölkerung stehen vor großen Herausforderungen. Ein Sprichwort sagt: Gut benommen ist halb gewonnen. Wenn wir uns oder anderen etwas Gutes tun, dann hat dies immer auch etwas mit Bezahlen zu tun. Wobei der Lebensinhalt der meisten darin besteht, alles daran zu setzen, um möglichst wenig oder gar nichts zu bezahlen. Wirtschaftlich ist das nicht. Solcherlei Denken spielt sich zunächst in mentalen Ebenen ab, hat aber höchst faktische Auswirkungen. Die mentale Ebene ist empfänglich für billige, leichte, schnelle und/oder vielversprechende Lösungen. Hier haben die Welten der Miesmacher*innen, Sonntagsredner*innen, Bauernfänger*innen, Experte*innen, die Welt des Glaubens an Götter oder weltlichen Einrichtungen ihren Ursprung. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, durch Corona zu Tode zu kommen, wird berechnet und alle möglichen Maßnahmen werden eingeleitet. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer Wirtschaftskrise oder des Hungertods sein könnte? Warten wir erst einmal ab. Wie gut ist unser Disaster Recovery Program bei Corona? Und für die Wirtschaft?

Parallelen zwischen 1989 und 2019


Der Umbruch 1989 in unserem Osten hat viele Gründe. Bekannt ist, dass es dort um Wirtschaft und Finanzen höchst desaströs stand. Heute befinden wir uns in der Situation, dass auch unsere Wirtschaft oft allzu illuster in unserer Vorstellungskraft existiert.


2019 – also vor der Pandemie – standen wir international in Bezug auf das Nettoin-landsprodukt auf Rang 44 von 95 nationalen Wirtschaften. In der Staatsverschuldung auf Platz 70 von 95. Bildung und Ausbildung passen nicht zu Lerninhalten und Kostenaufwand. Im Berufsleben, in Finanzen und im Wirtschaften sind wir nicht mehr systemisch. Wie gut unser Gesundheitswesen ist, betrachte ich nach einem Jahr Corona Erfahrung gespalten. Die Pandemie zeigt uns ein Fenster dessen, wie es um die Wirtschaft steht. Affektheuristisch, also auf Meinung und Gefühl beruhend, und geradezu mit einer déformation professionelle wird in unserer Ökonomie fachfremd, aber machtvoll herumgeholzt, das besonders in den letzten zwei bis drei Dekaden, und mit massiven Eingegriffen. Dabei schert es wenig, ob und was ökologisch und ökonomisch noch übrigbleibt. Die Frage ist, ob unser Wirtschaftswunder-Prinz, doch nur ein Frosch war.


Die Zeiten der Gesellschafts-Sozial-Wunder, die aus dem Wirtschaftswunder entstanden sind, sind Historie. Aus Unternehmerischem und Erschaffendem wurde Angestell-tes, Reguliertes und Verwaltetes. Die jüngeren Generationen kennen das frühere Erbe nur noch vom Hörensagen. 2021 haben sie andere Treiber. Aus work for life wurde work life balance. F.I.R.E (financial intelligence for early retirement) ist ebenfalls einer der Trends: Zehn Jahre intensiv arbeiten, und durch geschickte Finanzanlage einen monatlichen Cashflow zum Lebensunterhalt nutzen. Diese Trends deuten auf individuelle Lebensverbesserungen hin. Die historische BRD-Systematik basierte auf Gemeinschaft, die der DDR erst recht. Unsere auf föderalstaatlichem Regelwerk aufgebauten Systematiken und Strukturen – das Gesundheitswesen, das Staatswesen, das Sozialwesen, die Renten, die Pensionen, vor allem aber die mit all dem verflochtene Wirtschaft – fliegen uns, locker ausgedrückt, um die Ohren.

Der Weg in die „Junkie-Wirtschaft“


Die Basis des Wirtschaftens hat sich seit Beginn der Menschheit nicht geändert. Benötigen wir analogen Wesen nicht zumindest unser täglich Brot? Die Art und Weise des Wirtschaftens muss sich permanent – entweder evolutionär natürlich (z.B. Klima, Gesundheit) oder menschlich (z.B. Krieg) – anpassen. In den letzten Jahrzehnten erlebten wir tiefgreifende wirtschaftlich erodierende Paradigmenwechsel weg von einer primär materiellen Güter erschaffenden Wirtschaft hin zu einer immateriellen und kapitalgeprägten Wirtschaft. Es ist ein gewaltiger Paradigmenwechsel von einer Arbeitgeber-gesteuerten Wirtschaft hin zu einer Arbeitnehmer-Wirtschaft, die nicht danach fragt, woher das monatliche Geld kommt, wie es erwirtschaftet wird und was mit den Arbeitgebereinrichtungen passiert.


Damit einher ging der Weg aus einer materielle Güter erschaffenden Gesellschaft hin zu einer hierarchischen und anonymisierten Verwaltungsgesellschaft.


Die Lieblingsberufe der jungen Generation zeigen den Trend zu Sicherheit ohne Ver-antwortung. Leistung und Entlohnung wurden so inflationär verteilt wie Verantwor-tungen und Zuständigkeiten vernebelt wurden. Unternehmer, Selbstständige und KMU sind hierbei systematisch immer schlechter gestellt worden als Großunternehmen, staatlich Begünstigte oder öffentliche Institutionen. Letztere können sich überdies nicht nur direkt und indirekt selbst begünstigen, sondern sich auch noch selbst betreuen. Dies konnte nur deshalb geschehen, weil die private Wirtschaft keinen politischen und gesellschaftlichen Rückhalt genießt und in den demokratischen Prozessen keine Rolle mehr spielt. So hängt unsere Wirtschaft auch noch an der national-föderal bürokratischen Nadel. Von Hausrechten oder Verpflichtungen der ebenfalls abschöpfenden EU einmal angesehen.
Wir sind bei der illusionären Wahrnehmung angekommen: Geht es mir gut, so geht es der Welt gut. Die nationalen Veränderungen stoßen nun verstärkt an die nationalen Grenzen und kosmopolitischen Ansätze anderer Nationen.


Die ökonomisch erschaffenden Regelkreise der Wirtschaft, die Güter und deren Ent-stehung, der Warentausch, die Verteilung – das alles ist nachhaltig gestört. Das gilt insbesondere dort, wo aus unterschiedlichsten Gründen Insolvenz-, Kredit- und Ablaufkriterien ausgehebelt sind, die erheblich zu Wettbewerbsverzerrungen beitragen. Bereits 1946 beklagte ein Frankfurter Richter, dass ein Eierhändler für sich und seine Familie ein besseres Auskommen habe als er. Auch die Auffassung, dass für Euro (wie 1946 für Essensmarken) alles zeit-, mengen und qualitätsgerecht zu bekommen sei, basiert auf Irrglauben.


Die rund 3,5 Millionen kleinste, kleine und einige mittelgroße Unternehmen repräsentieren 99,5 Prozent aller Unternehmen in Deutschland. Dazu kommen 17.000 größere und große private Kapitalgesellschaften. Zusammen mit rund 4 Millionen Selbständigen, davon 2,2 Millionen Solo-Selbstständigen, sind sie der Grundstock unserer Wirtschaft. Hierzu kommen Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung, Verpachtung und sonstige Einkünfte. Etwa 45 Mio. Angestellten verhelfen diesen etwa 7,5 Mio. Unternehmerinnen und Unternehmern zum wirtschaftlichen Erfolg. So dürfen wir davon ausgehen, dass etwa 54 Prozent der Bevölkerung zunächst für sich selbst und Nahestehende, danach für weitere 46 Prozent der Nation, die Natur, die Infrastruktur und die Umwelt Sorge tragen. Von den 46 Prozent der wirtschaftlich Abhängigen sind 21 Mio. Rentner*innen, 12,3 Mio. Kinder und Jugendliche, etwa 2,8 Mio. Arbeitslose und 1,4 Mio. Pensionär*innen.

Unser 30- und 70-Prozent-Desaster


Etwa 30 Prozent unser Wertschöpfung entsteht noch materiell, während wir 70 Pro¬zent immaterielle Dienstleistungen verzeichnen. Die deutschen Exporte übersteigen mit 7 Prozent (199,9 Mrd. EUR von 2.809,30 Mrd. EUR NIP 2019) die Importe. In den 2.809,30 Mrd. EUR NIP sind knapp 343 Mrd. EUR Gütersteuern enthalten. Die Konsum-ausgaben betragen 2.511,40 Mrd. EUR. Liege ich richtig, wenn ich feststelle, dass wir ohne die Gütersteuern/Gütersubventionen, ohne Corona und ohne zukünftige Ver-bindlichkeiten ein Minus von etwa 45 Milliarden des Nettoinlandproduktes ausweisen? Immer in Hinterkopf, dass der größte Teil unserer Wirtschaft keine materiellen Güter, dem Made in Germany, hierzu bereitstellt. Die Volkswirtschaftlichen Gesamt-rechnungen von 2019 verändern sich Corona bedingt sicherlich weiter nach unten. Wie weit, das ist die Frage. Brandbeschleunigend kommen Doppel- und Domino- und Netzwerkeffekt hinzu. Fehlende Abgaben Intransparenz, irreführende Verteilung und Steuerverschwendungen wirken dabei problemverstärkend.


Für mich stellt sich die Frage, was national und international noch möglich ist. Wie sind wir und wo zukünftig inter-/national noch mit von der Partie? Eines ist sicher: unsere Wirtschaft ist eine „Junkie“-Wirtschat geworden. Wir hängen an der Nadel des internationalen Handels.


Definieren wir uns bei Corona über Inzidenzwerte, gemeldete Infektionen, Ethik, Tote, so fehlen uns auch hier wichtige Praxisaspekte und Parameter wie z.B. die Lieferung und Bereitstellung benötigter materieller Güter wie Intensivbetten, geeignete Beatmungsgeräte oder auch Pflegepersonal. Passt hierbei schon unser föderales Disaster Recovery Management im Gesundheitswesen nicht, so ist es nicht schwierig sich auszumalen, dass schnell auch die Beschaffung für täglich Notwendiges und Gepflogenes durch Ausfall von Lieferketten, Netzwerken, Finanzen oder durch mentales Verhalten zusammenbrechen könnte? So erleben wir theoretische, psychologische und faktische Besonderheiten, mit denen wir weder vertraut noch sonderlich gut gerüstet sind, gar damit umzugehen verstehen.


Hierzulande absolut neu ist die Erkenntnis, dass nicht mehr alle benötigten Güter so zur Verfügung stehen, wie wir es gewohnt sind. Ebenfalls neu sind die Verhaltensän-derungen einiger Politiker*innen. Sie appellieren an die Ethik anderer, obgleich die EU und wir andere Länder warten lassen? Offensichtlich gelingt es in der Pandemie nicht so gut wie sonst, die Verantwortung (z.B. für Unfähigkeit) zu verlagern.

Gelten Fairness und Fair Trade auch für uns?


Die uns auferlegten Regulierungen, Gesetze, Verpflichtungen, föderalen Einseitigkeiten, Rechtstaatspakte, Verbraucher- und Arbeitsschutz sind in ihrer Ausgestaltung speziell deutsche Besonderheiten. Was fehlt, ist der „Wirtschaftsschutz“. Diejenigen, die wirtschaftliche Werte schaffen – Landwirte, Selbständige, Unternehmer – sind überfordert. Hof und Industriesterben sind bei uns seit Jahren allgegenwärtig. Das wirtschaftliche Sterben der Selbstständigen nicht nur in den Kreativberufen durch die Auflagen der Corona-Pandemie kommt hinzu. „Fair Trade“ bekommt da eine ganz neue Bedeutung.


Zu sehr auf uns selbst fixiert und wohlständig, haben wir bereits vor Dekaden unsere Binnenwirtschaft, in den internationalen Weiten verloren. Auch in oder mit der EU können aus Rosinen keine Weintrauben gemacht werden. Den uns überspülenden Schockwellen-Technologien (shock and awe) sind wir hilflos ausgeliefert. Wir sind weder systemisch noch strukturell dagegen gewappnet. Mit unseren kleinstaatlichen Hofhaltungen, den – zugegeben – prächtigen Kulissen und einer recht behüteten Gesellschaft, sind wir an den großen Höfen gerne gesehene Gäste. Respektiert als Wirtschaftsnation oder gar Finanznation sind wir nicht mehr. In neuen Philosophien, Internationalität, Start-ups, wirtschaftliche Investitionen, Werteaufbau und Zukunft haben wir inzwischen anderen das Feld überlassen. Unsere Gesellschaft streitet sich um Macht, Kompetenzen und mehr monatliches Auskommen. Missgünstig sind wir nicht, wir freuen uns über alle die es geschafft haben. Allerdings wollen wir wissen, woher „die faulen Säcke“ das Geld haben.

Der Weg von den alten Ständen, Stamokap zum Wimokap


Warum wird Wissen von unseren Experten als „unser wichtigster Rohstoff“ bezeichnet? Es klingt plausibel. Physikalisch und wirtschaftlich ist dies Dünkel. Wissen sichert die Existenz unserer Wisser*innen national und sorgt gleichzeitig für Abgrenzung zu anderen Gesellschaftskreisen – vorwiegend zu denjenigen, die mit weniger Abschlüssen und Titeln aufzuwarten vermögen. Wie dies alles sozioökonomisch und soziotech-nisch verdrahtet ist, bleibt (bewusst) intransparent. International ist Wissen durchaus ein hohes Gut; es beansprucht aber keine Rohstoff- oder Elite-Funktionen. Es stellt sich die Frage, ob die Aufgaben bei uns so verteilt sind, dass nur noch einigen Wenigen das kohärente Erschaffen und Mehren von Werten zukommt? Andere Nationen stehen uns an Wissen, Eliten, Wirtschaft, Recht, Demokratie, Kultur, Schutz, Sicherheit, Macht, Gesellschaft und Währung in nichts nach. Ihre Leistungsbilanzen und die defizitären Staatshaushalte gleichen sie mit Rohstoffen und materieller Entstehung aus. Die skandinavischen Staaten stechen hier besonders heraus. In Finnland leben, glaubt man den Erhebungen, nicht die reichsten aber die glücklichsten Menschen. Glücklicherweise steht uns kein ausreichendes Militär zur fremdwirtschaftlichen Bedarfsdeckung mehr zur Verfügung.

Wissen zur Schaffung physischer Werte einsetzen


Was zu tun ist? Wir brauchen ein neues Verständnis von Wirtschaften, von dem, was unser Land am Laufen hält. Wir brauchen ein Verständnis, das weder die Arbeitskraft und den Erfindungsreichtum der Menschen noch unsere natürlichen Ressourcen ausbeutet. Wir brauchen ein Verständnis, das Digitalisierung als Treiber von Innovation zum Wohl der Menschen einsetzt. Wir brauchen ein Verständnis, dass wir ohne physisch Geschaffenes der globalisierten „Tausch-Wirtschaft“ wenig entgegenzusetzen haben.


Wissen ist wichtig. Anwendung und Erschaffen ist über-lebens-wichtig.

Zurück zur Übersicht
Share by: